Heimwehkiste

Hallo, ihr wunderschönen Menschen da draußen!

Um den gemeinnützigen Zweck dieses Blogs gerecht zu werden, gibt es heute einen Beitrag, der allein dir und deiner kuscheligen Komfortzone gewidmet ist, mein lieber Leser!

 

Für euch verlorene Studenten, die ihr in euren vermüllten WG-Zimmer sitzt und euch in das Hotel Mama zurückwünscht, für euch Freiwillige, die ihr tapfer die Tränen runterschluckt und in ein fremdes Land aufbrecht und für euch Nesthäkchen, die noch unsicher auf euren Patschfüßen hin und her wackelt. Ich möchte euch die gesammelten Hausmittelchen unserer Wohngemeinschaft gegen Heimweh und akute „Ich will wieder nach Hause“-Anfälle vorstellen. Mögen sie euch dienlich sein! Als mich vor Kurzem meine liebe Mitbewohnerin Klee und meine Freundin Livia verlassen haben, musste ich erfüllt von Nostalgie an meine Aufbruchszeit in Dresden denken. Ein verschmitztes Lächeln gleitet mir über das Gesicht, wenn ich meine Packliste lese, auf der ernst gemeint dreimal mein Lieblingsdeo stand. Damit euch das erspart bleibt, höret und lernet!

 

Zu Anfang müssen wir eine Frage klären: Was solltet ihr definitiv nicht tun? Niemals!

Klar habe auch ich schon heulend meine Eltern angerufen, aber in Momenten des Heimwehs solltet ihr besser keine Tränen über eure Familienfotos vergießen oder euer Städtchen googlen. Wirklich nicht hilfreich…

 Jetzt geht’s aber los!

 

Macht genau das, was ihr in Deutschland auch getan habt – das kann alles sein. Vielleicht schlendert ihr gern allein durch die Stadt, tanzt professionell oder singt in einem Chor. Dennoch kann ich euch auch empfehlen, etwas Neues auszuprobieren – auf die Gefahr hin, dass ihr es blöd findet. Ich habe mich auch an Singen und Sport versucht und herausgefunden, dass ich mich gesangstechnisch lieber unter der Dusche übe und die Couch dem Sportplatz vorziehe. Voll okay. Mich findest du hin und wieder in Bioläden, der dm-Filiale oder mit meiner Freundin im Peek & Cloppenburg, der Inkarnation  dessen, was ich salopp „deutsche Borniertheit“ zu nennen pflege. Ich liebe den Duft von ätherischen Ölen und Salbeitee, Kokosnuss-Bodycream und bonbonsüßen Parfüm in filigranen Flakons, das wie pinker Kaugummi an den Verkäuferinnen klebt.

 

Richtet euch häuslich ein!

 Es gibt nichts Schlimmeres als eine kalte und leere Wohnung, weiße schweigende Wände, die Nichts erzählen. Und nichts Erdrückenderes als Stille.  Unsere Tapete hat unverkennbare Spuren unserer spontanen Kreativität davontragen.  Seit ich in Rumänien bin, hat sich meine Begeisterung für deutsche Musik weiterentwickelt. Und wenn Von Wegen Lisbeth voller Inbrunst singen „Und ach weißt du Becks Ice schmeckt auch Zuhause, genauso nach Brause – wie hier…“ – dann kommt die Daheim-Stimmung von allein.

 

Rituale

Wenn um Punkt Neun (rumänische Zeit!) die vertraute Melodie der Tagesschau erklingt  und ein eindringliches „Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau!“ mich aus meinem Feierabendsloch reißt, sitze ich mental auf dem schwarzen Ledersofa meiner Eltern, ein monströses Etwas, von dem die politische Lage Deutschlands gleich etwas weniger bedrohlich wirkt. Es sind diese kleinen Rituale, die mir das Gefühl geben, angekommen zu sein. Eine Tasse dampfender Kakao und Sonntagsfrühstück. Deutschlandfunk. Gemeinsames Kochen. Essen. Im Schlafanzug.

 

Ehrlichkeit gegenüber euch selbst

 Am meisten liegt mir ein Ratschlag am Herzen: denkt daran, dass ihr mit eurer phasenweise kommenden Einsamkeit, Überforderung, Heimweh und der Unperfektheit des Alltags nicht allein seit. Es ist okay, nicht stets glücklich zu sein. Nicht immer erfüllt von der Bedeutungsschwere der eigenen Arbeit? Nicht immer motiviert, jeden Tag Vokabeln zu lernen. Es gibt keine Verpflichtung, an einem fremden Ort glücklich sein zu müssen – auch wenn wir es gern vorgeben. Zuhause in deiner Komfortzone warst du wohl kaum durchgehend zufrieden? Damit möchte ich nicht sagen, dass es mir schlecht geht oder dass es einen Grund braucht, um nicht stets voller Lebenslust zu sein.

Aber ich halte nichts von Idealen, die nicht der Realität entsprechen und deren Vergleich ich mich stellen muss. Ich habe etwas gegen eine Idee von Idylle, die normale Menschen ausschließt. So wie du und ich. Irgendwo. In der großen weiten Welt.

 

 Bis bald,

 euer Paulinchen